Kalorik-Workshop am Fraunhofer IPM
Neue Technologien für die Kältetechnik
Festkörperbasierte Kühlung als Alternative zu kompressorbetriebenen Kühlsystemen stand im Zentrum des »Kalorik-Workshops«, den Fraunhofer IPM in Kooperation mit dem Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Verein e.V. erstmalig am 28. März 2017 veranstaltet hat. Knapp 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Industrie und Forschung erörterten Chancen und technologische Herausforderungen von Wärmepumpen auf Basis kalorischer Materialien. Letztere gelten als aussichtsreiche Technologie für die Klima- und Kältetechnik der Zukunft.
Die heute in der Kühl- und Klimatechnik eingesetzten Wärmepumpen arbeiten fast ausschließlich auf Basis von Kompressionskühlung. Diese seit mehr als 150 Jahren bekannte Technologie gilt jedoch als ineffizient und ist vor allem wegen der eingesetzten Kältemittel in der Kritik: Letztere sind umweltschädlich und mitunter brennbar oder gesundheitsschädlich. Die EU schränkt daher die Nutzung von Kältemitteln ab 2020 mehr und mehr ein. Der Bedarf an effizienten Kühltechnologien, die ohne schädliche Kältemittel auskommen, ist daher hoch.
Als aussichtsreiche Alternative gelten festkörperbasierte Kühlsysteme auf Basis magneto-, elasto- oder elektrokalorischer Materialien (s. Hintergrund). Fortschritte in der Materialforschung rücken den Bau dieser effizienten kältemittelfreien Kühlsysteme, die überdies geräuscharm sind, in greifbare Nähe. Dr. Alexander Barcza von der VACUUMSCHMELZE GmbH & Co. KG stellte industrielle Produktionsprozesse verschiedener magnetokalorischer Legierungen vor, auf deren Basis sich »grüne« Kühlsysteme entwickeln lassen. Die Materialien sollten über einen großen kalorischen Effekt und hohe Zyklusstabilität verfügen und gleichzeitig für die Verarbeitung im Industriemaßstab geeignet sein.
Ohne schädliche Kältemittel, effizient und geräuscharm
Eine Reihe von Prototypen magnetokalorischer Kühlsysteme wurde in den vergangenen Jahren realisiert. Auch auf dem Gebiet elektro- und elastokalorischer Wärmepumpen wird intensiv geforscht. Dr. Christian Vogel von der GSI Technology erläuterte, wie sich der Wirkungsgrad bisher realisierter kalorischer Kältemaschinen weiter steigern lässt. »Eine entscheidende Stellschraube ist hier der Wärmeübertrag«, so Vogel. Genau dies konnte Fraunhofer IPM anhand eines Prototyps zeigen, der sogenannte Heatpipes einsetzt. Mit diesem Aufbau gelang es, die abzuführende Wärme passiv und somit deutlich effizienter zu übertragen als bei gängigen Konzepten, die die Wärme durch aktives Pumpen eines Fluids abführen. Das patentierte Verfahren kann die Gesamteffizienz kalorischer Kühlkreisläufe erheblich erhöhen.
Hohes Marktpotenzial für Wärmepumpen – zum Kühlen und zum Heizen
Viel Entwicklungsarbeit wird nötig sein, um auf Basis der erzielten Fortschritte Kühlsysteme zu bauen, die am Massenmarkt bestehen könnten. Neben der Effizienz und dem Verzicht auf schädliche Kältemittel könnte mit Blick auf die Vermarktbarkeit vor allem die Geräuschlosigkeit kalorischer Kühlsysteme ein entscheidender Pluspunkt sein. Angesichts der ehrgeizigen Klimaziele, die die Bundesregierung formuliert hat, ist das Marktpotenzial für alternative Kühltechnologien erheblich: Schließlich entfallen zirka 16 Prozent der in Deutschland verbrauchten elektrischen Energie auf den Antrieb von Wärmepumpen. Sie werden in fast allen Industriebereichen, in Gewerbe und Haushalt zur Kühlung eingesetzt. Aber auch für neuartige Heizkonzepte sind effiziente Wärmepumpen gefragt, etwa bei der Nutzung von Erdwärme.
Hintergrund: Kalorische Systeme zum Kühlen und Heizen
Kalorische Materialien zeigen eine starke, reversible Wärmereaktion bei Anlegen eines entsprechenden Feldes (Magnetfeld, elektrisches Feld oder mechanische Kraft) und kühlen sich nach dessen Entfernen wieder ab. Dabei sinkt die Temperatur unter die Ausgangstemperatur. Dieser Effekt lässt sich für den Aufbau eines Kühlkreislaufs nutzen: Das erwärmte Material wird mit einer Wärmesenke verbunden, um die entstandene Wärme abzuführen. Verbindet man es mit einer zu kühlenden Stelle, nimmt es Wärme auf, bis die Ausgangstemperatur erreicht ist. So entsteht eine effiziente Wärmepumpe, die ohne schädliche Kältemittel auskommt. Nach demselben Prinzip lässt sich die kalorische Wärmepumpe auch zum Heizen nutzen.